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Gottvaters Tagebuch
Eine Satire
Gottvaters Tagebuch
Sie hatten gestern eine seltsame Begegnung." Der Moderator lächelt mir ermunternd zu. "Können Sie unserem Publikum einmal davon erzählen."
Ich nicke:
Hätte ich doch diesen Heckenbrand nicht beachtet.
Kaum schütte ich einen Eimer Wasser, den ich zufällig mit mir trage, über den Busch, sehe ich den alten Mann, der darin zu schlafen scheint. Während ich mich noch wundere, dass er nicht brennt, wacht er auf; er scheint sauer zu sein. In diesem Moment erinnere ich mich an die Geschichte mit Moses und erkenne ihn: er ist Gottvater.
"Tschuldigung", sage ich, "ich habe nicht mit dir gerechnet, eigentlich habe ich nicht einmal an dich geglaubt."
"ist mir klar", sagt Gottvater, "bei dem Unsinn, der über mich erzählt wird. Ich wollte das mal richtig stellen."
Er schaut mich kritisch an.
"Eigentlich habe ich mir den Typen, dem ich meine Botschaft gebe, anders vorgestellt; aber gut." Unter seinem weißen Rock zieht er ein Büchlein hervor und drückt es mir in die Hand.
"Du bist jetzt so eine Art Prophet", sagts, und mit einem Puff hört der Busch auf zu brennen, der alte Mann ist verschwunden. Wow!! Erst jetzt wird mir klar, was da gerade passiert ist. Ich werfe einen Blick auf das Büchlein; vom Cover her schaut mich Gottvater an und macht einen Stinkefinger. Darüber steht in antiken Lettern:
Was wirklich geschah.
Das kann ja heiter werden. Ich suche mir die nächstgelegene Kneipe, setze mich an die Theke und bestelle mir erst einmal ein großes Bier, das ich mit einem Zug herunterspüle. Ich ordere ein weiteres und schlage das Büchlein auf. Es enthält chronologische Einträge.
29.2. 100 000 000 000 v.Chr.:
Habe wieder den ganzen Tag ´rumgehangen. Werde Welt erschaffen. Count down läuft, Urknall in 60 Sekunden.
1.3. 100 000 000 000 v.Chr.:
Wow. War ein ganz schönes Getöse gestern. Doch jetzt ist schon fast alles wieder normal.
1.4. 100 000 000 000 v.Chr.:
Puh, ist das langweilig. Wird wohl noch ne Weile dauern, bis was Wesentliches passiert.
1.1. 5 000 000 000 v.Chr.:
Jetzt schaue ich mir das Theater schon 95 Milliarden Jahre an. Supernovas, weiße Zwerge, Schwarze Löcher; aber nichts Handfestes. Muss wohl doch mal Hand anlegen. Warte mal: dahinten der Blaue, ja ich glaube, der ist richtig. Werde mal ´nen Plan machen.
30.6. 10 00 000 v. Chr.:
Habe jede Menge Viecher gebaut. Sind ja ganz niedlich, aber irgendwas fehlt noch.
24.12. 10 00 000 v. Chr.:
War ziemlich effektiv heute. Habe Plan für einen Menschen gemacht; kann mir ein bisschen zur Hand gehen. Den Tag muss ich mir merken, werde mir was dafür ausdenken.
1.1. 9 999 999 v. Chr.: morgens
Habe gestern Menschen gebastelt. Sieht ungefähr so aus wie ich. War anstrengend. Habe jetzt noch einen dicken Kopf. Wie soll ich den denn anreden; hmm, sagen wir mal: Adam.
1.1. 9 999 999 v. Chr.: abends
War wohl doch nicht so ne gute Idee gestern. Adam hat den ganzen Tag rumgehangen und sich gelangweilt. Muss mir was für ihn ausdenken.
2.1. 9 999 999 v. Chr.:
Hatte heute Nacht noch ne super Idee. Werde so ein Pendant von ihm machen – ein Weib?. Hört sich gut an. Ich braue ihm mal einen starken Tropfen, damit er gut schläft.
2.1. 9 999 987 v. Chr.: morgens
So, jetzt müsste das Zeug gut sein. Zwölf Jahre müssen reichen; mal probieren. Hmm, lecker. Wenn das nicht wirkt. Ich nenne es Whisky; werde Adam ein Fass davon runterrollen. Ist mal was anderes für ihn, hat eh die ganze Zeit nur onaniert.
2.1. 9 999 987 v. Chr.: abends
Der ist total platt. Hat ihm gut geschmeckt das Zeug. Was nehme ich nur für das Weib, den Pimmel? Fummelt eh nur den ganzen Tag dran rum. Ne, da mache ich besser was anderes mit – muss Sie nur etwas modifizieren, so dass er nicht mehr den lieben langen Tag onanieren muss.
Zum Basteln nehme ich besser ´ne Rippe.
3.1. 9 999 987 v. Chr.:
So, das Weib ist fertig. Sieht affengeil aus. Nenne sie Eva. Adam hat seinen Rausch ausgeschlafen. Werde Sie gleich mal runterschicken.
5.1. 9 999 987 v. Chr.:
Mir geht auch alles schief. Seit drei Tagen vögeln die da unten rum. Wenn Adam früher faul war, jetzt hat er nichts anderes mehr im Kopf. Obwohl, sieht eigentlich ganz geil aus. Aber Eva? Ne, für mich ist die wohl nichts.
Ich lasse den ganzen Kram mit dem Seitensprung, dem Apfelschnaps und dem Rausschmiss mal weg und gehe zum:
24.3. 0.:
Maria!! Genau die! Jetzt schaue ich mir das Rumgepimpere schon 9 999 986 Jahre an. Wird Zeit, dass ich den Menschen mal zeige, wie man das macht. Wollte eh schon lange einen Sohn haben; obwohl, Einzelkind? Na ja, zu mehr werde ich nicht kommen.
24.12. 0.: abends
Endlich, und genau an meinem Tag. Ist der nicht affengeil, und so niedlich. Nur das mit den Wohnungsmieten habe ich unterschätzt. Na ja, Stall ist besser als nichts.
Der Moderator lächelt mich an.
Wir machen eine kurze Werbeunterbrechung.
© Erich Romberg
April 2000
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