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Der Unfallbericht
Wenn man sich falsch ausdrückt
Der Unfallbericht
Mein Schwager ist eigentlich ganz in Ordnung, wenn er nicht solch eklatante Probleme hätte, sich auszudrücken. Das bringt ihn manchmal in Teufels Küche. Erst neulich hat ihm ein einfacher Auffahrunfall zwei Jahre ohne Bewährung eingebracht.
Er sollte für den Untersuchungsrichter den Unfallhergang beschreiben und erhielt die Gelegenheit sich schriftlich zu äußern. Der verhängnisvolle Bericht schilderte Folgendes:
Ich befuhr gemächlich die Leopoldstraße in Richtung Innenstadt, als plötzlich die Grüne Welle enden wollte.
Schon an der Kreuzung Kaiserstraße bemerkte ich, dass nur mein Vordermann noch bei Grün die Ampel passierte, ich schaffte sie nur bei sattem Gelb. Mir war klar, dass die Grüne Welle jetzt zunehmend eingeengt würde, was nur noch durch eine Erhöhung der Geschwindigkeit kompensiert werden könnte. Doch der Arsch vor mir dachte gar nicht daran, auf die Tube zu drücken, so dass ich ihm ein bisschen Dampf geben wollte. Ich rückte ihm daher unter Berücksichtigung der Sicherheit so eng auf die Pelle, dass ich ihm einen kleinen harmlosen Kick geben konnte. Das wirkte; denn nun gab er etwas mehr Gummi, um nicht noch einmal gekickt zu werden. Ich blieb ihm bei der Stange; aber an der nächsten Ampel fuhr er bereits bei Gelb-satt drüber, so dass ich die Angelegenheit nur noch bei Gelb-Rot packte. Ich konnte mich nicht länger mehr auf den Lahmarsch vor mir verlassen und quetschte mich so gerade vor einen anderen Idioten auf der Nebenspur, der die Straße wohl auch nur zum Ausruhen benutzte. Sein Gehupe ließ mich kalt, und vor mir gab jemand seinem BMW kräftig die Sporen; er hatte offensichtlich auch die miese Taktik des Ampelbetriebes durchschaut. Ich hängte mich an ihn. Was mir bei diesem Manöver an den Wagen klatschte, konnte ich seinerzeit noch nicht identifizieren; ich hielt es für einen Hund; dass es ein Rentner war, habe ich erst später erfahren. Global gesehen habe ich die Solidargemeinschaft entlastet, aber das soll man ja nicht sagen. Dank meines Irrtums brauchte ich mich damals nicht um den Rentner zu kümmern; denn damit hätte ich die Grüne Welle vergessen können. Ich schaffte die nächste Ampel tatsächlich bei nicht ganz Rot und trat das Gaspedal noch kräftiger durch. Die nächste Ampel musste ich unbedingt bei Gelb packen, wenn mich die letzte vor der Innenstadt nicht noch ausbremsen sollte. Dass dieses Arschloch, was sich von der rechten Spur auf meine freie gedrängt hatte, einen Polizeiwagen fuhr, tut mir echt leid. Das liegt auch an meiner falschen Brille, die mich schon den Rentner nicht als solchen erkennen ließ. Es scheint, dass die Polizei total sauer ist, weil ich ihr Auto zerstört habe.
Hier endet der Bericht meines Schwagers. Die beigelegte Skizze vom toten Rentner war auch nicht sehr hilfreich. Im Knast kann er jetzt lernen, wie man sich richtig ausdrückt.
© Erich Romberg
April 2000
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